Rund 100 Menschen kamen am 09. März im Nürnberger Stadtteil Röthenbach zusammen, um gegen Arbeitsunrecht und krasse Unterversorgung alter pflegebedürftiger Menschen zu protestieren. Anlass waren die Zustände und Arbeitsbedingungen im privat getragenen Pflegeheim St. Elisabeth.
Seit geraumer Zeit ist das Heim personell unterbesetzt. Das ist gerade in privaten Heimen nicht ungewöhnlich, aber in St. Elisabeth kommt es nach Aussagen der Beschäftigten nicht selten vor, dass zwei Pflegekräfte für knapp 50 Bewohnerinnen sorgen müssen.
Zur Kundgebung hatten Beschäftigte gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di und der Initiative Gesundheit statt Profit aufgerufen. Gekommen waren auch Menschen aus dem Pflegebereich, die sich solidarisch zeigten, HeimbewohnerInnen und Angehörige, aber auch politische Initiativen wie die Initiative solidarischer ArbeiterInnen, die mit einem Transparent Solidarität gegen den Klassenkampf von oben bekundete.
Tatjana Sambale von der Arbeitsgruppe Altenpflege bei ver.di und selbst Altenpflegerin, bestärkte die Beschäftigten des Heims darin mit ihrem Anliegen an die Öffentlichkeit zu gehen.
„Wenn die KollegInnen aus den Krankenhäusern und Einrichtungen anderer Träger von eurem Heim hören, sagen sie: endlich wehrt sich jemand. Endlich wird nicht nur das Elend verwaltet, das ihr tagtäglich erlebt.“, rief sie ihnen zu.
Immer wieder hatten Belegschaftsmitglieder versucht, die Heimleitung zur Verbesserung der Situation zu bewegen. Das kam offenbar nicht gut an. Eine Kündigung wurde ausgesprochen, die von der Gewerkschaft in Zusammenhang mit den Protesten gesehen wird, massiver Druck auf den Betriebsrat war die Folge.
Zahlreiche Überlastungsanzeigen, die bei der städtischen Heimaufsicht eingingen, wurden dort einfach zu den Akten gelegt. Grund für die Linke Liste die Stadt Nürnberg zum Handeln aufzufordern. Scharfe Kritik ließ Stadträtin Marion Padua über ein Grußwort laut werden, das verlesen wurde. Diese galt den zuständigen Behörden, aber auch dem privaten Träger des Heims.
„Den Träger Alwo fordern wir auf, seiner Pflicht nachzukommen, das Betriebsverfassungsgesetz einzuhalten. Das heißt: keine Behinderung in der Betriebsratsarbeit, Schluss mit Schikanen und Drohungen. Wir finden es toll, liebe Kolleginnen, dass Ihr eure Belange an die Öffentlichkeit bringt.“
Solidarität gab es auch von Kolleginnen und Kollegen aus Kliniken. Anja Schmailzl von der Betriebsgruppe des Klinikums Nürnberg Nord und Hilde Cramer, Pflegekraft an einem Erlanger Klinikum, beide von der Initiative Gesundheit statt Profit, brachten ihre Empörung zum Ausdruck.
„Altenpflege ist Gesundheitsversorgung, also Grundversorgung für unsere Bevölkerung. Und die soll gut und würdig sein für Alle. Damit soll kein Profit gemacht werden. Macht weiter so“, sagte Schmailzl.
Cramer forderte mit Nachdruck, die Stadt Nürnberg dürfe nicht länger wegsehen. In der Pflegekrise sieht sie aber auch eine Chance für die Diskussion um ein anderes Gesundheitssystem. „Es braucht eine Vergesellschaftung und das Ende der Privatisierung, die einfach nur Beute durch Rendite macht „ so das Resumée der Krankenpflegerin.
Erschüttert über die geschilderten Verhältnisse zeigte sich auch die Betriebsratsvorsitzende der – ebenfalls privaten – Sanaklinik. Sie überbrachte Grüße der KollegInnen aus dem benachbarten Krankenhaus.
„Wir kennen ähnliche Probleme wie ihr, was Dienstpläne angeht, was Personalmangel auch in den Abteilungen angeht und auch was Dienstplanänderungen angeht. Aber über das was ich jetzt hier und heute gehört habe bin einfach fassungslos und kann nicht glauben, dass es das gibt. Ich hoffe, dass sich der Stadtrat und die Aufsichtsbehörden bald um die Situation hier in dem Heim kümmern. Denn so kann das nicht weitergehen.“
Ebenso wie die Linke Liste versprach Özlem Demir, Stadträtin der Linkspartei, die Sache weiterzuverfolgen. Bisher hieß es jedoch, dass die Situation im Pflegeheim erst im Mai in den Gremien der Stadt zur Sprache kommen könne.
Wie dringend das Thema ist, zeigten Kundgebungsbeiträge von Beschäftigten, Heimbewohner*innen und Angehörigen. Dabei kam auch ans Licht, dass Betreuerinnen beklagten, sie müssten Bastelmaterialien für die Arbeit mit den Pflegebedürftigen aus der eigenen Tasche bezahlen.
Ein Angehöriger, dessen Mutter seit Kurzem in dem Heim wohnt, zeigte sich beunruhigt, äußerte aber zugleich lobend über die Beschäftigten.
„Wer Angst sät will Macht ernten. Und das ist das, was wahrscheinlich von oben kommt. Ich finde es Klasse, dass Sie aufstehen und ich möchte mich ganz herzlich bei ihnen bedanken für den Mut. Sie sind toll, sie machen tolle Arbeit, Danke.“, sagte er der Versammlung.
Eine erste Wirkung der Aktivitiäten sieht Ver.di-Funktionär Martin Schmalzbauer. Er hatte am Dienstag von einer Anwältin der Alwo ein Schreiben erhalten mit der Aufforderung, die Behauptung falscher Tatsachen zu unterlassen, die geeignet seien ihre Mandantin verächtlich zu machen.
„Man sieht daran, dass nicht nur ein Klima der Angst in diesem Heim vorhanden ist, sondern dass die Angst gleichzeitig auch angefangen hat, die Seiten zu wechseln, weil die Beschäftigten hier zusammenhalten und Unterstützung bekommen.“, so Schmalzbauer.
Die Zitate haben wir mit freundlicher Genehmigung dem Beitrag von Radio Z vom 10. März entnommen (hier als Podcast abrufbar).